Die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaats Ceará hat mehr zu bieten als man denkt: Vor allem das lebendige Strand(-Promenaden)-Leben,

zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und traditionelle Feste im Kontrast zu einigen unschönen Aspekten machen Fortaleza zu einer „hässlichen Schönen“. Eindrücke, Geheimtipps, Empfehlungen für Backpacker und Touristen.

Ich sitze auf einem Hocker an der vielbefahrenen Avenida Almirante Barroso. Im Minutentakt halten die kleinen Stadtverkehr-Busse am Rand der holprigen Verkehrsader, die die großen Stadtstrände Fortalezas mit dessen Zentrum verbindet. Den Hocker hat mir Marcelo überlassen, der Getränkeverkäufer, der dort – direkt vor der kleinen Kühlfabrik – seinen Stammplatz hat.

Im Bauch seines mit Sonnenschirm ausgestatteten Verkaufswagens lagern Trink-Kokosnüsse (Água de Coco), Fanta-, Guaraná- und sogar Bierbüchsen und warten darauf, an Geschäftsleute, Passanten oder anhaltende Autofahrer verkauft zu werden. Hin und wieder ein vorbeischlendernder Obdachloser und täglich auch eine der Mitarbeiterinnen der Kühlfabrik, die eine Erfrischung brauchen. Marcelo kennt sie natürlich alle. Nachdem er seinen Wagen mit der Ware des Tages ausgestattet hat, positioniert er sich früh am Morgen an diesem strategisch in der Nähe einer Bushaltestelle gelegenen Ort, bis er am Nachmittag / frühen Abend den Großteil seiner Erfrischungsgetränke an den Mann und die Frau gebracht hat. Dann hat er Feierabend und rollt seinen Wagen wieder in seine kleine, ca. 10 Gehminuten entfernte 1-Zimmerwohnung.

Marcelo hatte ich am Strand von Iracema, einem der großen Stadtstrände nicht weit vom Verkaufsstand entfernt, kennengelernt. Er ist der Hauptorganisator des allabendlichen (außer sonntags) Beachvolleyballs der Leute des Viertels Praia de Iracema. Während meiner Zeit in Fortaleza (zwei Monate) wollte ich mal wieder regelmäßig Volleyball spielen und fragte daher nach, ob man mich mitspielen lässt. Marcelo traf ich in der Folge nicht nur am Volleyballfeld direkt am Meer, sondern eben auch an seinem Straßen-Verkaufs-Platz an der Avenida. In den mehrstündigen Aufenthalten auf dem Hocker gab er viel über sein Leben, Land und Leute sowie aktuelle Geschehnisse preis. Eine sympathische Art, brasilianisches Portugiesisch (auch Brasilianisch genannt) in der Praxis und gleichzeitig mehr über Brasilien und die Einheimischen zu lernen.

Nicht gerade pittoreske Orte, wie dieser an der vielbefahrenen Avenida Almirante Barroso, gibt es in der Millionenstadt Fortaleza viele. Schöne Gebäude, wie wir sie aus europäischen Städten kennen, sind rar.

Eine hohe Kriminalitätsrate, typisch für die meisten brasilianischen Großstädte, ist auch in Fortaleza einer der Wermutstropfen. Der Verkehr wirkt vielenorts hektisch und geradezu erdrückend.

Warum kommen trotzdem jedes Jahr Tausende – überwiegend inländische – Touristen in die brasilianische Metropole?

Die Stadtstrände mit ihrer kilometerlangen Promenade sind sicher maßgeblich dafür verantwortlich.

Der sogenannte Calçadão (sehr breiter Bürgersteig entlang des Strandes), die Promenade, lädt mit zahlreichen Freizeitmöglichkeiten zum Verweilen ein. Er erstreckt sich entlang der Stadtteile Praia de Iracema, Meireles bis nach Mucuripe, entlang der Strandstraße Avenida Beira Mar. Während die dahinterliegenden Hochhäuser-Schluchten von den meisten Europäern wohl mit dem Prädikat hässlich versehen würden, finden die Brasilianer sie kaum störend.

Belebt ist der Calçadão vor allem in den Abend- und Nachtstunden. Brasilianer lieben es, am Meer Sport zu treiben. Der Bürgersteig wird zur Autobahn von Joggern, Skatern, Spaziergängern und Touristen. Angenehme Temperaturen und eine leichte Brise sind garantiert. Überall gibt es Straßen-Stände mit Água de Coco (Kokoswasser, mit dem Strohhalm direkt aus der grünen Kokosnuss getrunken) und typisch brasilianischen Snacks: Pamonha, Acarajé oder Tapioca. Zur energievollen und gesunden Stärkung gibt es an Kiosks Açai im Becher, in verschiedenen Varianten oder Pó de Guaraná. Zudem laden zahlreiche Restaurants, an der Strandstraße Avenida Beira Mar oder direkt zwischen Calçadão und Strand, zum Genuss von regionalen Spezialitäten (z.B. Caranguejo = Krebs) ein.

Die Atmosphäre ist sehr angenehm und friedlich. Selbst in den Abend- und Nachtstunden ist der Bereich der Promenade und bis einige Straßenzüge dahinter im allgemeinen sicher. An verschiedenen Stellen stehen gut genutzte Beachvolleyball- und Beachsoccer-Anlagen zur Verfügung. Manchmal gibt es sogar offizielle Spiele oder Turniere statt. An einer Stelle, wo der Bürgersteig besonders breit ist, findet ein großer Souvenirmarkt statt, wo auch die für die Region typischen Häkel-Arbeiten (z.B. Tischdecken) angeboten werden.

Auch kulturell ist an der Promenade Einiges geboten:

In unmittelbarer Nähe der Ponte dos Ingleses geht jeweils Montag nachts die Post ab: Dann findet die wohl bekannteste Forró-Party (Forró ist ein beliebter brasilianischer Musik- und Tanzstil) Fortalezas statt, bei der bis in die Morgenstunden getanzt und gefeiert wird.

Etwas ruhiger, aber kulturell nicht weniger attraktiv: Das Anfiteatro, ca. drei Kilometer östlich der Praia de Iracema und am Beginn des Stadtteils Mucuripe gelegen. Dort finden jeweils samstags am frühen Abend die verschiedensten Musikveranstaltungen statt. Das Spektrum reicht dabei von Samba über traditionelle Trommelmusik des berühmten Karnevals von Salvador da Bahia bis hin zu aufstrebenden brasilianischen Rockbands.

Folgt man dem Calçadão noch weiter östlich, erreicht man die Praia do Mucuripe. Dort kann auf einem kleinen, sympathischen Fischmarkt frischer Fisch direkt aus dem Holzverschlag des Fischers des Vertrauens erstanden werden.

Einmal im Jahr – in der Regel Ende Juni – findet dort das Fest zu Ehren von Pedro, dem Schutzheiligen der Fischer, statt. Eine Parade der im  Bundesstaat Ceará traditionellen Fischerboote, der besegelten sogenannten Jangadas, bildet dabei einen der Höhepunkte des mehrtägigen Festes.

Die Figur des heiligen Peter (São Pedro) wird anschließend in einer kurzen Prozession über den Calçadão bis in die kleine Kirche auf der anderen Straßenseite getragen, der religiöse Höhepunkt des Festes.

An eigens für das Fest hergerichteten Straßenständen können regionale Spezialitäten wie z.B. Canjica oder Bolo (Kuchen) Souza Leão genossen werden.

Das Freizeitangebot an den Stadtstränden ist also beachtlich und Grund genug für viele Touristen, in Fortaleza ihren Urlaub zu verbringen. Zugute kommt Fortaleza zudem, dass es ein guter Ausgangspunkt für die Anreise zu beliebten (Traum-)Stränden, Stranddörfern, Küstenorten und chilligen (Hippie-)Stränden im Bundesstaat Ceará ist: Der Traumstrand Lagoinha,

das Hippie-Küstendorf Canoa Quebrada und Jericoacoara (genannt Jeri), ebenfalls ein beliebter Ort für Aussteiger, um nur die bekanntesten Ziele zu nennen.

Das waren noch lange nicht alle möglichen Aktivitäten in Fortaleza: Im in Kürze erscheinenden Teil 2 meines Artikels über Fortaleza erhältst Du weitere (Veranstaltungs-)Tipps, Geheimtipps und Empfehlungen.

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