Großer Reisetipp 4: Besinn Dich auf Deine Vorteile – Sicherheitstipps und Reisetipps für Südamerika!

Verhaltenstipps für Südamerika und andere Reiseziele – Betrachtung aus einem etwas anderen Blickwinkel

Südamerika gilt als eines der unsichersten Reisegebiete der Welt. Spricht man mit „normalen“ Menschen, also Nicht-Aussteigern, werden mit diesem Kontinent häufig verschiedene negative Aspekte assoziiert.

Ein waches Auge sollte man an den in der Regel quirligen Busbahnhöfen (auf Spanisch "Terminal" genannt") haben. Hier der Terminal von Maracay in Venezuela
Ein waches Auge sollte man an den in der Regel quirligen Busbahnhöfen (auf Spanisch „Terminal“ genannt) haben. Hier der Terminal von Maracay in Venezuela

Fehlende Sicherheit und die Tendenz, dass man gerne mal ausgetrickst wird (zu hoher Preis, schlechte Leistung) liegen dabei mit an erster Stelle. Die Diskussionen in einschlägigen Reise-Foren zeigen, dass selbst erfahrene Reisende diesbezüglich ordentlich Respekt vor Lateinamerika (denn Mittelamerika ist hierbei im selben Atemzug zu nennen) haben.

Nur um ganz kurz eines klarzustellen: Man kann Lateinamerika tatsächlich bereisen, ohne dass man sich unsicher fühlen muss. Auch ist es gar nicht so schwer, den durchaus vorhandenen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Wenn ich mit anderen Reisenden oder auch Einheimischen über die Sicherheit im jeweiligen Land sprach, sagte ich immer: „Klar, es gibt Gefahren, aber man muss sich eben entsprechend verhalten und etwas aufpassen und vor allem gewisse Grundregeln einhalten. Und wenn man jene Grundregeln nicht einhält, kann einem auf der ganzen Welt etwas geklaut werden oder man kann einem Überfall zum Opfer fallen. Ob es nun in London, Berlin, Hamburg oder in Lateinamerika ist. Halte ich mich in Hamburg oder Berlin zur falschen Zeit am falschen Ort im falschen Zustand auf, dann bin ich auch fällig.“

Ehrlicherweise muss man jedoch festhalten, dass die Häufigkeit von solchen unliebsamen Situationen in Lateinamerika als größer einzuschätzen ist als in unseren Gefilden. Dies aus den verschiedensten Gründen, die i.d.R. nicht bedeuten, dass Latinos schlechtere Menschen wären. In diesem Tipp möchte ich darauf eingehen, mit welchen wichtigen Grundregeln ich mich auf Reisen bewegt habe. Ich beziehe mich dabei vor allem auf das eigentliche Reisen, also auf den Weg zum nächsten Aufenthaltsort, den der Rucksackreisende selbstverständlich mit kompletter Reisemontur zurücklegt. Ich möchte aber auch andere Situationen im Reisealltag beleuchten: Einkaufen auf Märkten, das Buchen einer Tour, die Unterkunftssuche. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen, die Situationen können mannigfaltig sein.

Was bedeutet also „Besinn Dich auf deine Vorteile!“?

Gehen wir einmal davon aus, dass es um Reisende geht, die ihre Langzeitreise freiwillig angetreten haben. Außerdem hat sich diese Reisespezies vor Abreise sehr wahrscheinlich zumindest grob Gedanken gemacht, von was sie unterwegs leben will. Da wir in unseren Breiten ja grundsätzlich einen großen Hang zu einem ausgeprägten Sicherheitsdenken haben, kann man nun weiter davon ausgehen, dass die Mehrheit der Langzeitreisenden ein zufriedenstellendes finanzielles Polster hat, von dem es unterwegs lebt. Es wird also in den seltensten Fällen so knapp hergehen, dass man sich die grundlegenden Dinge nicht (mehr) leisten kann. Und genau das ist doch ein großer Vorteil für uns! Und wenn wir jetzt noch an „Großer Reisetipp 1: Lass Dir Zeit!“ denken, haben wir schon zwei große Pluspunkte auf unserer Seite: Wir haben Zeit und wir haben finanzielle Mittel.

Für mich als Backpacker bedeutete der Verlust des Rucksacks durch die bolivianische Busfirma zwar der Verlust meines Hab und Guts. Jedoch konnte ich mir wieder Ersatz besorgen: Auf dem Foto meine neue Packliste
Für mich als Backpacker bedeutete der Verlust des Rucksacks durch eine bolivianische Busfirma zwar der Verlust meines Hab und Guts. Jedoch konnte ich mir wieder Ersatz besorgen (zwei Wochen „Arbeit“): Auf dem Foto meine neue Packliste

Hört und liest man von Beispielen, in denen Touristen zu viel bezahlt haben, überfallen wurden oder die erwünschte/vereinbarte Leistung nicht erhalten haben, zeigt sich oft: Sie haben Entscheidungen übers Knie gebrochen. Häufig eigentlich unnötig, denn: Nimmt man sich die Zeit (die man schließlich hat), um alles in Ruhe zu recherchieren, sinkt die Chance erheblich, dass einem Negatives widerfährt. Besinnt man sich dann noch darauf, dass im Zweifel immer noch der teurere Plan B gezogen und die damit sicherere Variante gewählt werden kann, minimiert sich das Risiko nochmals. Wohlgemerkt „minimieren“: Ganz ausgeschlossen werden können Risiken niemals. Auch wenn Grundregeln eingehalten werden, können einen negative Erfahrungen heimsuchen.

Wie man das Risiko konkret minimieren kann, möchte ich an Beispielen aufzeigen:

Beispiel 1: Ende Februar/Anfang März 2012, nachdem ich ca. zwei Monate bei Mirta, Pedro und Hund Lorenzo auf Chiloé im Süden von Chile verbracht hatte, wollte ich in einem Rutsch von Santiago de Chile per Bus nach Ecuador reisen. Ziel war, in drei bis vier Tagen nach Cuenca im Süden Ecuadors zu gelangen und das möglichst ohne unterwegs zum Schlafen in einer Unterkunft zu bleiben. Peru hatte ich ja bereits 2010 zu Beginn meiner Reise ausgiebig bereist, daher der Wunsch, lediglich Transit durch dieses Land zu machen. Teil der Route war, zwei Grenzen überqueren zu müssen.

Einer der einfacheren Grenzübergänge in Südamerika, zwischen den Städten Tacna (Peru) und Arica (Chile)
Einer der einfacheren Grenzübergänge in Südamerika, zwischen den Städten Tacna (Peru) und Arica (Chile)

Während der Übergang zwischen Nord-Chile und Süd-Peru ein recht einfacher direkt auf der Panamericana ist, den ich zudem im Direktbus zwischen Santiago de Chile und Lima (Peru) überquerte (an Grenze kein Umsteigen notwendig), ist die Grenze von Peru nach Ecuador vor allem nachts berüchtigt. Hier soll es diverse Abzocken und Trick-Überfälle geben. Zudem muss man sich, hat man keinen Direktbus zwischen zwei Städten – eine in Peru, eine in Ecuador – umständlich mit mehrmaligem Wechseln von Transportmitteln durchkämpfen. Ich nahm mir also vor, diese Grenze nur bei Tag zu überqueren. Außerdem würde ich mir mit noch mehr Gelassenheit als sonst erstmal ein Bild von der Situation machen, bevor es weitergeht.

Erste in Ruhe getroffene Entscheidung auf dem Abschnitt Santiago de Chile – Süd-Ecuador: In Lima musste ich eine Fahrkarte bis kurz vor die Grenze ergattern. Nach Ankunft in Lima informierte ich mich zunächst an den Schaltern der verschiedenen Busfirmen, welche Möglichkeiten zu welchen Preisen es gab. Nach etwas langwierigerer Suche fand ich doch noch ein Plätzchen in einem Bus, der kurz später fuhr und im letzten größeren peruanischen Ort vor der Grenze am folgenden Tag in der Mittagszeit ankommen sollte. Dafür löste ich ausnahmsweise nicht die billigste Variante, die Ankunft mitten am Tag war es mir wert.

Zweite in Ruhe getroffene Entscheidung: An der Ankunft kamen wir – statt an einem großen Busbahnhof – in einem Hof von ein bis zwei zusammenarbeitenden Busfirmen an. Kaum ausgestiegen riefen sie bereits die potentiellen Ziele auf der anderen Seite in Ecuador aus und versuchten, ihren zur Abfahrt bereit stehenden Bus zu füllen. Ich winkte erstmal ab, beschäftigte mich alibimäßig mit meinem Gepäck und nahm einen Schluck aus der Wasserpulle.

Hier muss man kurz aussteigen, um sich an Land in einer der Straßen den Stempel für Peru zu holen. An diesem Grenzübergang im Dreiländereck Brasilien - Peru - Kolumbien im Amazonasgebiet sollte man schon etwas mehr Sorgfalt walten lassen
Hier muss man kurz aussteigen, um sich an Land in einer der Straßen den Stempel für Peru zu holen. An diesem Grenzübergang im Dreiländereck Brasilien – Peru – Kolumbien im Amazonasgebiet sollte man schon etwas mehr Sorgfalt walten lassen

Schon war klar, dass ich keine Eile hatte und man mich daher nicht überrumpeln und zu einem vorschnellen Umsteigen in die nächste Transportmöglichkeit bewegen konnte. Stattdessen begab ich mich in das angeschlossene Gebäude mit Warteraum und Ticketschalter und informierte mich bei den Damen über den Stand der Dinge. Wenige Minuten später hielt ich meine Fahrkarte in der Hand für die Fahrt über die Grenze und sogar bis ins sieben Stunden im Landesinneren liegende Cuenca (Ecuador), mein zuvor avisiertes Etappenziel. Fazit: Mit zwei überlegten Entscheidungen schaffte ich es, die größte fast Non-Stopp-Strecke meiner Reise sicher hinter mich zu bringen. Und das, ohne überhöhte Preise zu bezahlen, sowie ohne zusätzliche Unterkunft.

Beispiel 2: Ein Beispiel wie es in ähnlicher Weise zigfach vorkommen kann: Zusammen mit meiner Schwester, die ein paar Wochen in Bolivien mit mir reiste, befand ich mich in Uyuni, Startpunkt für die in der Regel mehrtägigen Ausflüge in die Salzwüste und die umliegenden Highlights in der atemberaubenden Landschaft. Man muss wissen, dass Uyuni heutzutage hauptsächlich vom Tourismus lebt, wobei der gewöhnliche Rucksacktourist die einschlägigen Sehenswürdigkeiten in der Regel nicht – zumindest ohne erheblichen Aufwand – ohne Touranbieter machen kann.

Hängt man zum Beispiel ein bisschen auf diesem Platz in Uyuni ab, wird man bestimmt angesprochen und bekommt ein Angebot für eine Salzwüsten-Tour
Hängt man zum Beispiel ein bisschen auf diesem Platz in Uyuni ab, wird man bestimmt angesprochen und bekommt ein Angebot für eine Salzwüsten-Tour

Dementsprechend sind für die klassischen dreitägigen Touren (zwei Nächte) und alle anderen Touren Touranbieter in Hülle und Fülle vorhanden. Hat man keinen engen Zeitplan, empfiehlt es sich, die verschiedenen Firmen vor Ort zu vergleichen und nicht schon vor Anreise in die Stadt zu buchen. Gut ist, wenn man mindestens einen halben Tag Zeit hat, bevor die Tour am folgenden Morgen startet. Auf diese Art und Weise ist es relativ einfach, in Ruhe verschiedene Angebote einzuholen, sich einen Eindruck von der Qualität und natürlich vom Preis des Anbieters zu machen. Auch und gerade auf die Verlässlichkeit der Firma und die zu erwartende Sicherheit – soweit dies überhaupt möglich ist – sollte selbstverständlich besonderes Augenmerk gelegt werden. Im Idealfall kann man sogar frisch von einer Tour zurückgekommene Touristen nach ihrem Urteil fragen. Einfach die zurückkehrenden Reisegruppen und deren Körpersprache etwas zu beobachten ist häufig auch schon vielsagend.

Aufgrund des großen Wettbewerbs ist es sehr wahrscheinlich, dass der Reisende angesprochen wird und Touren angeboten bekommt, ohne sich groß darum zu bemühen. Bereits in der Unterkunft erscheinen (teilweise mit selbiger zusammenarbeitende) Tour-Agentur-Vertreter und preisen ihr Angebot an. Dasselbe in grün auf öffentlichen Plätzen. Ein einfaches Grundgesetz des wirtschaftlichen Handelns liegt hier vor: Das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Dem cleveren Reisenden wird schnell klar, wer dabei in der besseren Verhandlungslage steckt…

In diesem Szenario kann andererseits bereits Einiges falsch gemacht werden. Und genau darum geht es: Man sollte nicht das erstbeste Angebot annehmen. Geht davon aus, dass Ihr vom ersten Preis immer noch gut und gerne 10-20 Prozent aushandeln könnt. Der Vorteil liegt auf Eurer Seite, auch wenn natürlich dem Purzeln der Preise durchaus Grenzen gesetzt sind. Aus einleuchtenden wirtschaftlichen Gründen und nicht zuletzt auch aus Gründen der Fairness. Denn: Der niedrigste Preis ist nicht immer der beste bzw. fairste. Eine weitere gute Möglichkeit, in diesen Ländern einen Preisvorteil zu erhandeln ist die positive Veränderung der Leistung. So konnte ich beispielsweise die im Preis inbegriffene Ausleihe eines besseren Schlafsacks als Ersatz für meinen leichten Sommerschlafsack erzielen. Zusätzlich zur bereits erzielten Verbesserung des Preises, die irgendwo zwischen 15 und 20 Prozent lag. Diese Größenordnung für Verhandlungsspielraum kann übrigens in Südamerika fast durchgängig als Faustformel angesetzt werden. Vorausgesetzt es besteht die Möglichkeit bzw. Kultur zu handeln, was je nach Land, Produkt und Anbieter variiert.

Es gibt Tausende von weiteren „Regeln“ für diverse Situationen, mit denen man auf Reisen versuchen kann, die gefürchteten Negativ-Erlebnisse zu vermeiden. Dies ist mannigfaltig diskutiert in den bekannten Foren und auch in den Reiseführern werden entsprechende Tipps gegeben. Meist gibt es hier viele unterschiedliche Meinungen, jeder hat seine eigene Philosophie, oft basierend auf Erfahrungen. Das Patentrezept kann in der Regel nicht empfohlen werden.

Immer wieder erörtert wird beispielsweise die Frage, ob man die Wertsachen lieber in der Unterkunft lässt oder mit auf den Tages-Ausflug oder an den Strand nimmt. Fährt man mit der Variante, die Wertsachen tagsüber mitzunehmen, stellt sich die Frage des Wie. Und ob die Gefahr, unterwegs überfallen zu werden, nicht höher einzuschätzen ist. Lässt man die Wertsachen in der Unterkunft, muss man sich andererseits fragen, wie sicher sie dort sind. Wie schon unter Kommentar zum Reisen im Allgemeinen, zur Reisevorbereitung und zu meinen Reisetipps erwähnt, wollte ich hier aber nicht bereits zigfach diskutierte Themen umfassend abhandeln. Vielmehr lag mir am Herzen, mit einer etwas ungewöhnlicheren Blickrichtung meine Erfahrungen künftigen Langzeitreisenden mitzugeben. Er und der „nur“ interessierte oder Unterhaltung suchende Leser sollen von mir dabei auf Reisen mitgenommen werden und feststellen: Ich kann die Dinge und meine Position auch einmal anders betrachten. Ich besinne mich auf meine Vorteile!

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4 Gedanken zu „Großer Reisetipp 4: Besinn Dich auf Deine Vorteile – Sicherheitstipps und Reisetipps für Südamerika!“

    1. Hallo Marlene,

      Schön, dass Du auf meiner Seite vorbeigeschaut hast und danke für Deinen Kommentar.
      Die Gretchenfrage…, die sich – zumindest meiner Meinung nach – nicht pauschal beantworten lässt.

      Ich persönlich habe es in meiner Zeit in SA tatsächlich mal so, mal so gemacht. Wenn ich draußen war, habe ich die Geldkatze teilweise schon dabei gehabt, wenn ich z.B. Geld holen wollte oder es weniger sicherer fand, es in der Unterkunft zu lassen…und gleichzeitig draußen relativ sicher fand.
      (Meine persönliche Meinung ist, dass in den Unterkünften genauso viel oder noch mehr weg kommt, als draußen auf den Straßen.)
      Oft hab ich es aber auch in der Unterkunft gelassen, wohl wissend, dass vielleicht was wegkommt. Für mich war es einfach auch eine Frage des Komforts, auf den Straßen „leichter“ unterwegs zu sein.
      Insgesamt habe ich die Sachen häufiger in den Unterkünften gelassen, als sie mitzunehmen.
      Im Zweifelsfall (v.a., wenn die Umgebung unsicher wirkt oder gar mit Überfällen zu rechnen ist) würd ich wohl eher fürs Dalassen plädieren, da es in der Unterkunft zwar wegkommen kann. Aber ziemlich sicher nicht mit Androhung von Gewalt, auf der Straße jedoch schon.

      Grüßle
      ulmi von ulmisreisen.com

      1. Hallo Florian,

        danke für deine Antworten und die Zeit die du dir zur Beantwortung genommen hast. Ich starte ja nun morgen und habe meine Geldbeutel in viele Kleine aufgesplittert. Außerdem ein Schloss für den Rucksack dabei. Ich werde es auch davon abhängig machen, wie wohl ich mich fühle Sachen mitzunehmen und dann ggf. ein paar Dinge im verschlossenen Rucksack zurück lassen. Ich hoffe aber, dass so oder so nichts weg kommt. Meine Tour setzt sich Mitte Januar noch in Bolivien, Peru und Chile fort und ich werde ganz sicher noch alle Karten brauchen:)

        Also nochmals danke für deine Mühe!

        LG Marlene

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