Ecuador: Persönliche Eindrücke und Erfahrungen (Original erschienen 21.06.2012)

(Meine Artikel über die Länder Südamerikas sind umfangreiche, einzigartige, ehrliche, natürlich subjektive, aber dadurch sehr persönliche Eindrücke, wie ich sie jeweils aktuell bei meinem Aufenthalt im jeweiligen Land erlebte. Sie werden daher persönliche Meinungen enthalten und “die Fakten” entspringen keiner wissenschaftlichen Recherche und können somit Unschärfen aufweisen)

Obst und vor allem Bananen gibt es an zahlreichen Straßenständen. Fotografiert aus dem Bus, daher das Foto nicht gerade. Dieser Stand ist leer im Vergleich zu anderen, nicht selten türmen sich Bananenberge von über 1 Meter Höhe auf
Obst und vor allem Bananen gibt es an zahlreichen Straßenständen. Fotografiert aus dem Bus, daher das Foto nicht gerade. Dieser Stand ist leer im Vergleich zu anderen, nicht selten türmen sich Bananenberge von über 1 Meter Höhe auf

Die ersten beiden Dinge, die mir in Ecuador auf der Fahrt von der Grenze nach Cuenca auffielen: Es hat ganz viele Motels bzw. Nachtclubs, respektable Gebäude mit  Ein- und Ausfahrt „á la Drive in“ bei bekannten Fastfood-Ketten, nur jedoch das alles schön sichtdicht ummauert ist und teilweise bei Ein- und Ausfahrt sogar solche Sichtlappen runterhängen (mittlerweile haben wir in Kolumbien sogar Motels gesehen, wo innendrin pro Appartement eine Garage dazugehört). Das zweite, was mir auffiel, waren die sehr guten Straßen, was sich dann auch auf allen Strecken, auf denen ich unterwegs war, bestätigte.

Präsident Rafael Correa hat beim Volk scheinbar über 80 Prozent Zustimmung. Und das, nachdem er schon mehrere Jahre an der Macht ist. Dies hat in den letzten Monaten etwas nachgelassen und gerade als ich in der Hauptstadt Quito war, kamen die Leute aus dem Land anmarschiert, um gegen ihn und seine Regierung zu demonstrieren. Regierungsanhänger wiederum marschierten dann auf, um ihre Unterstützung öffentlich zu untermauern. Correa hält einmal pro Woche eine Rede, in der er die Geschehnisse der Woche sowie die Lage der Nation rüberbringt. Ecuador bzw. die Regierung sind stolz drauf, die Ämterbesetzung geschlechtergleich verteilt zu haben. Eine Einschätzung einer deutschen Ecuador-Kennerin ist, dass das Land auf dem Weg in den Sozialismus ist. Ich als Politikbanause kann nicht so viel dazu sagen. Rafael Correa scheint jedoch Kumpel von Evo Morales (Bolivien) und Hugo Chávez (Venezuela, mittlerweile gestorben (5. März 2013), Anm. d. ulmis Reisen – Redaktion) zu sein. Beispielsweise haben die drei gemeinsam dafür gesprochen, den im April in Cartagena stattgefundenen Amerikagipfel zu boykottieren. Wegen den Themen (und auch den aus ihrer Sicht fehlenden Themen) auf der Agenda, wegen Anwesenheit von Obama, …

Ecuador ist wie Peru und Bolivien eines der Länder mit spürbarem Anteil an indigener, andiner und ländlicher Bevölkerung. Der Verkauf und Handel mit landwirtschaftlichen Produkten spielt daher im öffentlichen Leben eine große Rolle. So findet man überall Märkte (oder einfach nur Straßenkreuzungen) mit Gemüse, Salat, Getreide, … für uns Mitteleuropäer interessant: viele tropische und teils unbekannte Früchte. Nett ist zudem, dass man vor Ort nicht die für den Export “schön gezüchteten” Früchte erhält, sondern die für den örtlichen Markt bestimmten. Keine Frucht gleicht der anderen und sie schmecken eben frisch.

Auf den Straßen wird Kokos-Wasser verkauft
Auf den Straßen wird Kokos-Wasser verkauft

Ebenso scheint Ecuador vom Entwicklungsstand her den weitentwickelten südamerikanischen Ländern noch hinterher zu sein. Verglichen mit Peru und Bolivien kam es mir etwas ruhiger, entspannter und weniger ruppig vor, was das Verhalten der Leute auf der Straße oder zum Beispiel beim Warten auf öffentlichen Transport oder der Fahrt in selbigem angeht. Alles etwas weniger hektisch als in den angesprochenen Andenländern. Dazu kommt noch, dass die Busse selten überfüllt waren bzw. oft halbleer.

Die Felder werden im Allgemeinen mit Traktoren bewirtschaftet, was in diversen anderen südamerikanischen Ländern nicht so ist. Überhaupt kam mir Landwirtschaft als ein mitunter gut laufender Zweig vor. Vor allem auf den Busfahrten durch die südlichen Berge sah ich beachtliche Güter mit ebenso schicken Landhäusern. Außerdem sind die Billigstunterkünfte i.d.R. etwas schicker und in einfachen Restaurants sind die Toiletten gepflegter und meist gibt es sogar Klopapier (!) und/oder Seife. Markthallen sind öfter mal recht modern und schick, gepflegte Gebäude, innen recht neu, mit Fliesen, Stände geordnet angeordnet. Schön erhalten ist allerdings die angenehme Sitte, dass in die Busse unterwegs fliegende Händler einsteigen, ein Stück mitfahren und Essen (z.B. frittiertes Hühnchen mit Pommes, Kartoffel- oder Essbananenchips, gefüllte und frittierte Kartoffelbreikugeln), Zeitungen, Süßigkeiten, Naturheilmittel, etc. verkaufen. Vor allem bei allen Artikeln, die irgendwie auf Gesundheit abzielen wird der Verkauf erstmal durch eine durchaus nett gemachte Rede eingeleitet, wo Empfehlungen zur Gesundheit und natürlich am Ende zum Kauf des Produktes gegeben werden.

Aufgrund der unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse sind die großen Schulferien an Küste bzw. in den Bergen zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr. Zumindest an der Küste sind sie in die Zeit gelegt, wo am meisten Regen fällt. Anscheinend deswegen, weil in dieser Zeit traditionell Überschwemmungen die Straßen, Wohnsiedlungen und eben auch Schulen unter Wasser setzen und dabei in den schlimmsten Gebieten etwas chaotische Verhältnisse verursachen. Das würde den Schulbetrieb zu sehr behindern und so macht man in dieser Zeit Ferien. Diese Zeit des vielen Regens (Anfang des Jahres) an der Küste wird zumindest dort auch als Winter bezeichnet und dieser Winter ist heißer als der Sommer. Gleichzeitig ist es die touristische Hochsaison an der Küste.

Schöne Abendstimmung in Riobamba. Hinten links raucht ein Vulkan
Schöne Abendstimmung in Riobamba. Hinten links raucht ein Vulkan

Das öffentliche Fernsehen ist besser als z.B. in Chile, soll heißen weniger reißerisch und informativer. Ein Sender sendet z.B. jeden Tag von touristischen Zielen des Landes und zwar nicht abgezielt auf den Ausländer, sondern auf die eigene Bevölkerung.

In einem neuen Gesetz/Verordnung wurde während meines Aufenthaltes genehmigt, dass die Bauern Waffen besitzen dürfen. Scheinbar notwendig, um sich gegen Räuber (die auch andere Bauern sein können) zu verteidigen.

Andere Leute hatten mir erzählt, dass die Ecuatorianer (Achtung Wortspiel!) ruppig und gewaltbereit wären. Bezüglich Letzterem solle man v.a. in den 2-3 größeren Städten vorwiegend nachts gut aufpassen. Sich nachts vom Taxifahrer direkt vor die Haustüre bringen lassen, sonst sei es quasi schon vorprogrammiert, dass man überfallen wird. Ich bin zwar nie mitten in der Nacht heimgekommen, aber durchaus bei Dunkelheit und am Abend kann man mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen und dem immer wachen Auge und nicht am falschen Ort auch noch draußen laufen. Und dass man deshalb die Ecuadorianer generell oder überwiegend als gewaltbereit oder skrupellos einstuft ist nicht gerecht. Ich habe mich stets sicher gefühlt und wurde außerdem sehr nett behandelt. Für mich sind sie sehr nette und entspannte Menschen. Ähnlich wie in den anderen Andenländern zurückhaltend, aber wenn es zu einer Unterhaltung kommt, dann auch gerne gesprächig. Man sagt (wie in anderen Ländern Südamerikas auch), dass die Küstenbewohner offener und gut gelaunter durchs Leben gehen als die Bewohner im Hochland. In meinen Begegnungen habe ich da keinen besonderen Unterschied ausgemacht bzw. im wenig touristisch geprägten Küstendorf San Pablo sogar überwiegend zurückhaltende Menschen getroffen.

Was mir jedoch beim Sehen der Nachrichten tatsächlich auffiel war, dass es diverse Gewaltdelikte zu berichten gab. Keine Ahnung, in welchem Verhältnis das zu anderen Ländern steht und wieviel Übertreibung oder mediengelenkter Einfluss dabei eine Rolle spielt. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass das zumindest in den sozialen Brennpunktstädten eines der Probleme des Landes ist.

Ecuador ist wie gesagt ein tropisches Land. Es gibt daher viel Regen und Feuchtigkeit. Auffallen tut daher, wie grün die Vegetation noch in hohen Höhen sein kann. Für den Touristen ist Ecuador sehr attraktiv, weil es auf sehr kleiner Fläche quasi alles zu bieten hat.

Grünes Hochland
Grünes Hochland

Geografisch wird das Land in drei Zonen eingeteilt: Die Küste, die Sierra (Berge) und der Oriente (Osten: Tiefland und somit Regen-/Urwald). Das Land ist viel, viel kleiner als die meisten anderen Länder hier (ausnahmsweise auch kleiner als Deutschland).

Auf dem beeindruckenden Weg vom Hochland an die Küste: Überall grün
Auf dem beeindruckenden Weg vom Hochland an die Küste: Überall grün

Die traditionellen Frauen (was auch junge Frauen betrifft) tragen in Ecuador an einigen Orten lange schwarze Röcke und seidene Tücher in glänzenden Farben um den Hals bzw. die Schultern. Die Frauen sind „sehr Latinas“, mit dunklen, langen, teils lockigen Haaren, braunere Haut. Weniger indigene Gesichtszüge als in Peru und Bolivien, man nähert sich den karibischen Ländern…

Ecuador ist ein beliebtes Land bei denjenigen, die ihre Reise mit einem Spanisch-Kurs verbinden wollen. Attraktive Städte, z.B. Cuenca und Quito. Im Vergleich zu v.a. den Ländern im Süden (Chile, Argentinien, Uruguay) wird hier sauberes, gut artikuliertes und v.a. langsameres Spanisch gesprochen.

An der Küste war ich ein Bisschen per Anhalter unterwegs und vom Chimborazo zurück in die Stadt hat mich netterweise ein Deutscher bzw. sein Guide im Auto mit zurück genommen. Die Leute nehmen einen mit und es scheint sicher zu sein. Mit dem wachen Auge und nicht in “illustren” Gegenden.

Vor allem an der Küste gibt´s oft Stromausfall in Ecuador.

Was ich von Ecuador nicht erwartet hätte: hier gibt´s, z.B. an verschiedenen Orten (Manta, Portoviejo) in der Küstenregion viele eingewanderte “Gringos”. Sprich: auch schon seit mehr als nur einer Generation.

Die Musik in Ecuador ist schon karibisch angehaucht bzw. Strandmusik. Salsa, Merengue, kubanische Musik ist viel zu hören auf den Straßen.

In Ecuador gibt´s übrigens auch einen FC Barcelona. Gleiches (oder fast) Wappen wie der “große Bruder” in Spanien. Der FC Barcelona aus Ecuador kommt aus Guayaquil an der Küste.

Vom ganzen Schwein wird ein ecuadorianischer Klassiker serviert: Hornado
Vom ganzen Schwein wird ein ecuadorianischer Klassiker serviert: Hornado
Typisches ecuadorianisches Essen/Gerichte/Getränke:

Morocho; Papitas/Plátanos fritos im Bus; Marraqueta; Tortilla; Linsen als Beilage; Corviche; Bistec de carne; Sopa de bolos; Guatitas; Hornado; Ceviche; Caldillo de huevos; Arepas; Seco de pollo; Sanuich de pernil (Sanuich kommt von Sandwich!).

Agua de coco; Tripas asadas; Cuero de chancho; Caldo de acelga; Chorizos; gelber Kartoffelbrei (“Chola”-Kartoffel macht die gelbe Farbe); Llapingachos (was MIT dem gelben Kartoffelbrei gegessen wird); Pasteles rellenos con dulce de panela; Bolón; Patacones; Reventado (z.b. Camarón, Calamar); Sango; Tortilla; Corvina; Encocao bzw. Encocado; Habas; Locro de habas; Costilla; Sancocho; Choclo con queso. Eine Auswahl exotischer Früchte: Babaco, Guanábana, Toronja, Pitahaya, Taxo, Guayaba

Meine durchschnittlichen Ausgaben pro Tag summierten sich auf ca. 14,15 Euro.

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