Ein typischer Reisetag

Einst verbrachte ich ein paar faule Tage an der ecuadorianischen Küste. Von Guayaquil (Ecuador) aus suchte ich mir mal wieder einen Ort per „Auf die Karte kucken und auswählen“ aus. So landete ich im kleinen Fischerdorf San Pablo.
Auch so kann mal ein typischer Reisetag aussehen: Arbeiten am Blog, die Hauskatze leistet Gesellschaft. In der kolumbianischen Stadt Leticia im Amazonasgebiet
Auch so kann mal ein typischer Reisetag aussehen: Arbeiten am Blog, die Hauskatze leistet Gesellschaft. In der kolumbianischen Stadt Leticia im Amazonasgebiet

Schon bei der etwas aufwändigeren Unterkunftssuche bestätigte sich, dass ich einen wenig touristischen Ort gewählt hatte (mit Absicht). Bei einer Familie war ich in einem zum Innenhof zeigenden Zimmer untergekommen. Um dort hin zu gelangen musste ich jeweils durch deren Wohnung im vorderen Teil des Hauses gehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich der erste „Gringo“ (so werden von den Latinos i.d.R. „Nicht-Latinos“ genannt, wobei die differenzierte Definition noch genauer zu beschreiben ist…siehe unter separatem Beitrag „Gringo“) war, der dort zu Gast war. Man trat mir recht verhalten gegenüber. Man war sich wohl nicht so ganz sicher, wie mit mir umzugehen war. In den vier Tagen legten die Familienmitglieder höfliche Schüchternheit an den Tag, auch wenn der Hausherr anfangs souverän mit mir verhandelt hatte, siehe Blogbericht „Ecuador und erster Teil Colombia“ vom April 2012.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Einer der typischen Reisetage. Diesen erlebte ich bei Julián, was stichpunktartig später original so in mein Tagebuch notiert wurde (daher auch kein vernünftiger Schreibstil und gespickt mit Rechtschreibfehlern):

(in kursiv Anmerkungen/Erklärungen des Autors)

-abgezähltes Geld 2,75 Dollar, reicht für Café con leche und bolón de mariscos (bitte googeln, der Einfachheit halber…oder beim Autor Rezept anfordern) mit kleinem Salat und gegrilltem Fischfilet.

-Mädle (Tochter von Julián) schläft noch im oberen Stock der Holzhütte.

-Rezept Bolón abstauben und Sal de Prieta zum Probieren.

-Charla (so sagt man zu einem Schwätzchen).

Bei Julián und seiner Familie verbringe ich einige nette Stunden. Im Fischerdorf San Pablo an der Küste Ecuadors
Bei Julián und seiner Familie verbringe ich einige nette Stunden. Im Fischerdorf San Pablo an der Küste Ecuadors

-Anderer Typ sitzt einfach nur da und hört zu.

(Julián erzählt mir…:) Correa (Präsident Ecuadors) kam am 11.09.09. durch Golpe (Putsch) an Macht, „Disparenme! Matenme!“ („Schießt auf mich! Tötet mich!“). Correa ist Economista, kuckt, dass Geld im Land verdient wird, z.B. Gas verkaufen sie jetzt selber (und nicht ausländische Firmen, die im Land mitagieren). Außerdem hat er gefördert, dass Tierra (Boden) bearbeitet wird, z.B. zwischen Guayaquil und San Pablo. Investiert viel in viviendas públicas (öffentliche Wohnungen) für Bedürftige.

-Kommt Typ mit LKW und will Suppenpulver verkaufen. Hat J. aber schon.

-Kommt eine befreundete Familie aus Guayaquil. Bedient sich selber am Kühlschrank.

-Typ, der vorher zugehört hatte, geht für Julián was einkaufen, weil er für Familie kochen wird.

-Später geht Julián los und kommt mit vier frischen Fischen in Plastiktüte zurück.

Juliáns gemütliche Hütte von außen
Juliáns gemütliche Hütte von außen

-Stromrechnung 80 Dollar (pro Monat) kommt.

-Typ mit riesen Sack Limetten auf Fahrradstange kommt vorbei.

-Typ mit Empanada-Korb (Empanadas=Teigtaschen mit Füllung) zirkuliert an Costanera (Küstenstraße).

-und so weiter und so weiter…leider habe ich die Notizen nicht sofort aufgezeichnet…daher ging wohl so manches vergessen.

Aber abends hab ich sicher – wie die Dorfbewohner – an der Plaza (Platz) abgehängt, direkt am Meer versteht sich.

Julián ist übrigens stolzer Strandstraßen-Restaurant-Besitzer (Landseite) in San Pablo, mit dem ich Freundschaft schloss und bei dem ich eigentlich jeden Tag aß, Kaffee und Bier trank, (Jesus-)Filme/Videos von Karaoke-Abenden mit Freunden und Familie sowie Videos vom bei Manchester kickenden Valencia schaute und redete. Er und seine Kumpels belehrten mich gerne mit religiösen Sichtweisen. Auch lud er mich mal in die Kirche ein. In seinem Fall eine alternative Kirche, die in einer Art Garage mit Plastikstühlen ihre Gottesdienste mit hohem Sing- und Musikanteil abhält. Einladung jedoch ausgeschlagen. Er lebte mit Kind und schwangerer Frau auch in seiner Restaurant-Hütte, im oberen Stock. Die Tage bei ihm und in diesem Dorf verkörperten ziemlich gut das Klischee vom entspannten, langsamen und bescheidenen Leben in tropischen Breiten. Davon sollte man sich eine Portion mit nach Hause nehmen.

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