Uruguay: Persönliche Eindrücke und Erfahrungen (Original erschienen 30.09.2011)

Über Uruguay kann ich nicht ganz so viel erzählen, weil wir dort weniger Gespräche über Land und Leute geführt haben und auch z.B. Erfahrungen über lokales Essen (außer den Klassikern Chivito und Asado (Grillen)) nicht so umfangreich waren.

(Meine Artikel über die Länder Südamerikas sind umfangreiche, einzigartige, ehrliche, natürlich subjektive, aber dadurch sehr persönliche Eindrücke, wie ich sie jeweils aktuell bei meinem Aufenthalt im jeweiligen Land erlebte. Sie werden daher persönliche Meinungen enthalten und “die Fakten” entspringen keiner wissenschaftlichen Recherche und können somit Unschärfen aufweisen)

Ein sehr "familiärer" Karneval im Küstenort La Paloma. Nicht überlaufen und sehr sympathisch
Ein sehr „familiärer“ Karneval im Küstenort La Paloma. Nicht überlaufen und sehr sympathisch

Das Erste, was nach Einreise in das Land aufgefallen ist, ist dass die Uruguayer im öffentlichen Leben sehr höflich unterwegs sind, für selbstverständliche Dinge (z.B. Putzen im Hof des Hostals) um Verzeihung bitten, sich bedanken, Floskeln benutzen. Die “Schweiz Südamerikas” zeigt sich einem sehr aufgeräumt und geordnet, mit guten Straßen und ordentlichen bis modernen Bussen. Manches ist etwas geregelter und organisierter, z.B. gibt es pro Entfernung bestimmte Fahrpreise, die Preise und Abfahrtszeiten sind oft angeschrieben. Trotzdem bleibt Südamerika-Gefühl: in abgelegenen Gegenden wird alle Info erfragt und in den Weiten des Hinterlandes steigen Fahrgäste auch bei Nacht irgendwo auf dem Land in den Bus ein oder aus.

Es gibt nur sehr wenige unsichere Ecken in Uruguay.

Tatsächlich war Uruguay mal mit das wirtschaftlich gesündeste Land Südamerikas und mit am reichsten. In einem Zeitungskommentar war der Schreiber der Meinung, dass es in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg allerdings verpasst worden wäre, eine funktionierende und starke Industrie aufzubauen. Vielmehr lebt das Land anscheinend heute von Fleisch und Wolle. Die in der Landwirtschaft Arbeitenden, die wir kennengelernt haben, arbeiten außerdem mit Reis und Soja (O-Ton Tata (Großvater) der Kinder meines Volleyballkumpels Holger und seiner charmanten Frau Caia: “Da hinten, mein Soja…um die Chinesen zu ernähren”).

Uruguayische Gaucho-Kultur. Im Hinterland hatten wir Gelegenheit, bei einer Veranstaltung fürTier-Versteigerungen dabei zu sein
Uruguayische Gaucho-Kultur. Im Hinterland hatten wir Gelegenheit, bei einer Veranstaltung fürTier-Versteigerungen dabei zu sein

Das Land macht, zumindest für den Reisenden, einen ruhigen Eindruck, kein großes Lamentieren über grundsätzliche, sehr gravierende Missstände, wenig Protestieren und nicht ständig Skandalberichte in der Presse. Wie in allen Ländern ist uns große Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft und überwiegend Freundlichkeit begegnet.

Das Preisniveau ist eines der höchsten in Südamerika, Supermärkte teurer als deutsche Discounter, Straßenverkauf von Essen/Produkten, was es viel z.B. in Peru/Bolivien gibt, gibt es kaum. Obst/Gemüse, das es zu kaufen gibt ist in für hiesige Verhältnisse oft (zumindest außerhalb der großen Städte) in mäßigem Zustand.

Landschaftlich reizvoll sind v.a. die weiten, teils einsamen Strände, mit wärmerem Wasser als z.B. weiter südlich in Argentinien. Im Hinterland gibt es vorwiegend hügelige Landschaft mit vielen Weiden und Landwirtschaft.

Eine bemerkenswerte Lage für einen Geldautomaten
Eine bemerkenswerte Lage für einen Geldautomaten. In Punta del Diablo, eines der chilligen Küstenörtchen Uruguays
Das "Zentrum" in Punta del Diablo. Zwei kleine Supermärkte, Polizeistation, Bustickethäuschen
Das „Zentrum“ in Punta del Diablo. Zwei kleine Supermärkte, Polizeistation, Bustickethäuschen

Uruguay hat einen interessanten Karneval, mit Einflüssen aus Brasil und Afrika (Sklavenzeit). In Montevideo groß aufgehängt, auf dem Land, z.B. La Paloma oder La Pedrera, wo wir dabei waren. Sehr familiär und weniger kommerziell und touristisch. Bzw. wenn viele Touristen, dann Latinos (Uruguayer selbst und Argentinier, ein paar Brasilianer). Der Gag in La Pedrera ist, dass in den Tagen des Karnevals Passanten auf der Straße nassgemacht werden. Dabei verschanzen sich die Angreifer teilweise in ihren Häusern/Höfen und überall muss man damit rechnen, dass man von einer Wasserbombe getroffen wird oder einfach mit ein paar Litern kühlem Nass aus einem Eimer erfrischt wird.

So sind die Uruguayer auch nicht immer ganz ernsthaft drauf und nehmen‘s locker. Die Tochter von Mariela, deren Strandhütte wir gemietet hatten, hat z.B. mit ihrem Freund eine Scheinhochzeit gemacht, nur um einen Grund für eine Feier zu haben. Sie haben auf einem selbst erstellten Papier mit “Ya” unterschrieben, was in verschiedenen südamerikanischen Ländern neben dem “Si” auch als “Ja” verwendet wird, aber natürlich keinen offiziellen Charakter auf einem Dokument hätte. Andere Anekdote: Supermarkt in Punta del Diablo. Barbara wollte einen Joghurt zurückbringen, weil er nicht ganz koscher aussah. Die Kassiererin meinte, das ist schon richtig so und fragt, darf ich mal probieren. Barbara stimmte zu und Kassiererin steckt Löffel rein und probiert. Und meinte, “doch, doch, der ist gut”.

Die Uruguayer sind teilweise sehr fußballverrückt. Der Patenonkel kam zur Taufe zu spät, weil der Fußballverein Peñarol Spiel hatte (wir hatten die Gelegenheit, einer Taufe beizuwohnen, Anm. d. ulmis Reisen – Redaktion). Außerdem hab ich mal in einem Internetbericht gelesen, dass eine ganz wichtige Sitzung im Kongress wegen einem Fußball-Spiel unterbrochen wurde. Es ging glaub ich, um eine Gesetzesänderung, die irgendetwas verbessern sollte in Bezug auf die damalige Diktatur im Land (Gesetz, das Entstehen von Diktatur verhindern sollte??).

In diesem Stadion (Estadio Bicentenario) in Montevideo wurde 1930 der erste Fußballweltmeister gekürt, bekanntermaßen der Gastgeber Uruguay
In diesem Stadion (Estadio Bicentenario) in Montevideo wurde 1930 der erste Fußballweltmeister gekürt, bekanntermaßen der Gastgeber Uruguay

Uruguay hatte ja wie die meisten Länder Südamerikas eine Diktatur zu beklagen. Da mein Tagebuch bekanntermaßen leider nicht mehr in meinem Besitz ist (hatte ich schon nach Deutschland mitgegeben, Anm. d. ulmis Reisen – Redaktion), muss ich es mal bei Gelegenheit im Internet nachrecherchieren und den Bericht von damals suchen (bisher noch nicht gefunden).

Viel des uruguayischen (Urlaubs-)Lebens spielt sich an den zahlreichen Stränden ab. So ist klar, dass auch Surfer ihren Stellenwert haben. In Punta del Diablo konnten wir einen Surfwettbewerb anschauen.

Essen/Gerichte in Uruguay:

Chivito (Fleisch (Lomo) vom Rind im Wecken, belegt mit Speck, Spiegelei, Käse, Tomate, Salat, Zwiebel,  Mayo, manchmal mit Oliven…begleitet meist von Pommes. Kommt das Ganze als “kanadischer” Chivito, dann hauen sie noch mehr Zeugs drauf, z.B. Pilze, Paprika, Ketchup,… In Melo waren wir mal zu einem Tuco de Pollo eingeladen, eine Soße mit kleinen Hähnchenstückchen (Konsistenz ähnlich wie bei einer Bolognese-Soße), aber auch größeren Hühnchen-Stücken.

Wie in Argentinien auch in Uruguay fester Bestandteil der Esskultur: Asado (Grillerei), hier gibt´s Schaf. Prinzip mit der hochziehenden Hitze kannten schon die indigenen Bewohner (ohne die Blechtonne natürlich...)
Wie in Argentinien auch in Uruguay fester Bestandteil der Esskultur: Asado (Grillerei), hier gibt´s Schaf. Prinzip mit der hochziehenden Hitze kannten schon die indigenen Bewohner (ohne die Blechtonne natürlich…)

Fleisch (auch in Uruguay hat Grillen einen sehr hohen Stellenwert) inkl. Innereien: Rind, Schwein, Schaf; Grillkäse; Fisch/Meeresfrüchte; es gibt Wein; Morcilla (Schwarzwurst zum Grillen) süß (mit Rosinen) und salzig; Chorizo (grobe Bratwurst).

Nachtrag zum Essen: Tortafrita, ein frittierter Weizenmehlteig. Gibt’s auch auf der Straße zu kaufen.

Das Bierfest in Paysandú war eine Enttäuschung. Siehe original Blog-Bericht „Eins zu Null fuer Chile“ (Link…). In Uruguay kann man noch echte Gauchos sehen und es gibt echte Estancias, auf einer wir wohnen durften, siehe Bilder April 2011 auf meinem Blog www.ulmi.rtwblog.de. Auf dem Land gibt es sog. Remates, wo Vieh verkauft (in Versteigerungen) wird. Siehe auch Bilder April. Uruguay hat die Copa América (2011) im Fußball gewonnen.

Die Briten haben den Fußball und den Eisendraht (Zäune der Weiden) nach Uruguay gebracht. Die Engländer wollten Uruguay zweimal einnehmen und waren wohl schon da, deswegen der Einfluss. 2-mal hat sich das Land jedoch im Endeffekt erfolgreich gewehrt. Von “ihrer” Kolonialmacht Spanien haben sie in diesen Kämpfen keine Unterstützung erhalten. So war dies (laut dem Opa in Melo) auch ein Bisschen Anlass für den ein paar Jahre später startenden Unabhängigkeitskampf gegen eben jene Spanier.

Die Kosten pro Tag lagen in Uruguay für mich bei ca. 22 EUR. Hört sich billiger an als Chile, aber man muss berücksichtigen, dass wir 9 Tage auf der Estancia in Melo eingeladen waren und außerdem in der Karnevals-Zeit mein Körper etwas komisch machte und wir so deutlich weniger für Essen, Trinken, Alkohol ausgaben.

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