Südamerikanisches Bier hat einen höheren Stellenwert als manch unerfahrener Südamerika-Tourist glaubt. In einigen Ländern, beispielsweise Chile, Argentinien, Brasilien und Kolumbien, ist eine Vielzahl an Biersorten erhältlich, welche die Allerwelt-Biere der großen Brauereien qualitativ deutlich übertreffen. Gleichzeitig besticht eben diese Vielfalt an meist nach guter Braukunst gebrauten (südamerikanischen) Bieren gegenüber den großen Brauereien, welche häufig nur wenig oder gar keine Auswahl an verschiedenen Biersorten anbieten. Auch Uruguay hat seine Brauereien, in denen Cerveza artesanal (ungefähr mit „hausgemachtes Bier“ zu übersetzen, auch wenn maschinell hergestelltes Bier ebenso darunter fällt) gebraut wird: Biermarke Davok, Biermarke Mastra, Biermarke Chela Brandon, um nur einige wenige zu nennen. So verwundert es nicht, dass in Südamerika auch diverse Bierfeste – allen voran das größte überhaupt: das Bierfest von Blumenau in Brasilien – veranstaltet werden. Die Semana de la Cerveza (Woche des Bieres) von Paysandú ist selbst bei individuell durch Südamerika reisenden Backpackern selten auf der Route durch Südamerika zu finden. Ein echter Insider-/Geheimtipp für Uruguay.

Das (Bier-)Fest Semana de la Cerveza (Woche des Bieres) von Paysandú

Im Artikel Chile: Reisetipp Bierfest Malloco – Der Reisetipp unter den Bierfesten in Südamerika wurde bereits von einem tollen südamerikanischen Bierfest berichtet. Im Gegensatz zu diesem chilenischen Bierfest ist die Semana de la Cerveza von Paysandú deutlich größer. Insgesamt ist das Fest für die Stadt im Westen Uruguays und für alle Einwohner – Biertrinker oder nicht – von viel größerer Bedeutung. Dies liegt vor allem daran, dass die Festivitäten und die angebotenen Leistungen auf dem riesigen Festgelände sehr vielseitig angelegt sind. Und somit für alle Einwohner, egal ob alt oder jung, arm oder reich, Bierfreund oder nicht, fester Bestandteil des Jahreskalenders ist.

Man sollte das Fest richtigerweise eher als Volksfest denn als Bierfest bezeichnen. Würde es eher kritisch betrachtet, käme man wahrscheinlich sogar zu dem Schluss, dass das Bierfest mit Bierfest eigentlich gar nicht so viel zu tun hat. Zu sehr dominieren doch Aktivitäten, Angebote, Veranstaltungen, welche nicht gerade mit Bier in Verbindung gebracht werden, sondern vielmehr mit Unterhaltung, Verköstigung, Einkaufsmöglichkeiten, wie es ein Volksfest oder ein Jahrmarkt bieten würde: Fahrgeschäfte, Verkauf von Kunsthandwerk, zahlreiche Fressbuden. Hätte es nicht den Namen eines Bierfestes, würde ein Besucher vermutlich nicht auf den Gedanken kommen, es handele sich um ein solches.

Dennoch gibt es natürlich auch überall Stände, an denen Bier verkauft wird. Vor allem die großen Brauereien statten diese mit ihrem kühlen Gerstensaft aus: Werbewirksam ganz in der Nähe des Haupteingangs zum Festgelände präsentieren sich Bierstände von Marken wie Pilsen, Patricia und Zillertal.

Diese reinen Bierstände, an denen in stattlichen Ein-Liter-Plastikbecher ausgeschenkt wird, rechtfertigen wohl den Namen dieses uruguayischen Volksfestes. Trotzdem schade, da es in Paysandú durchaus auch kleinere Brauer mit hausgemachten Bieren gibt: Cerveza Artesanal Don Luis.

Unter der – zugegebenermaßen nicht besonders großen – Auswahl an südamerikanischen bzw. uruguayischen Biersorten auf dem Bierfest sind also nicht gerade die „Schmankerl“ uruguayischer Braukunst zu finden. Jedoch wird der Besucher ganz bestimmt das Bier der Wahl und des Abends entdecken, um sich gepflegt ein paar uruguayische Maß Bier zu Gemüte zu führen. Immerhin eiskalt – typisch für in Südamerika ausgeschenktes Bier – sollte zumindest der aus dem Hahn gezapfte Gerstensaft sein. Dass dies beispielsweise beim angebotenen Flaschenbier nicht unbedingt der Fall sein muss, zeigt mein „durchaus kritischer“ Original-Artikel vom Blog meiner Südamerika-Reise: Eins zu Null fuer Chile. Eine meiner lustigen Reisegeschichten aus Südamerika!

Wer der spanischen Sprache mächtig ist, dem sei hier ein interessanter und amüsanter Artikel einer Gruppe argentinischer Landsmänner empfohlen, die Bier testet und auf ihrer Webseite darüber schreibt. In ihrem Artikel Conociendo cervezas uruguayas (Patricia, Pilsen y Zillertal) berichten die Argentinier, wie sie im hübschen kolonialen Städtchen Colonia del Sacramento im Süden von Uruguay Biere der bekannten Biermarken Pilsen, Zillertal und Patricia testeten. Die Webseite www.logiacervecera.com (frei übersetzt „Brau-Loge“) der argentinischen „Bier-Narren“ ist ein echtes Fundstück des Internets. (Ihr Urteil zur Qualität der genannten Biere war übrigens nicht gerade positiv)

Zurück zum Bierfest von Paysandú: Die Besucher kommen folglich nicht nur wegen des Bieres, sondern auch und gerade wegen dem kulinarischen Angebot, weil die ganze Bevölkerung dort ist und sie sich schlicht amüsieren wollen. Zur Unterhaltung trägt das abendliche Programm im sogenannten Anfiteatro (Amphitheater) und auf weiteren Bühnen einen entscheidenden Teil bei: Hier wird bis in die Nacht, geführt von Moderatoren, ein Programm musikalischer oder auch humoristischer Darbietungen geboten. Es treten bekannte Gruppen wie etwa die uruguayische Rockband NTVG – No Te Va Gustar (übersetzt: „Wird Dir nicht gefallen“) auf.

Jeden Abend steht die Zusammenstellung der Interpreten unter einem Motto: Noche de Rock (Nacht des Rocks), Noche „Tropical“ („tropische“ Nacht), Noche Carnaval (Nacht des Karnevals), Noche de Humor (Nacht des Humors). Der südamerikanische Musikstil „Tropical“ steht beispielsweise für eine Musik, die derer der legendären „Die Flippers“ aus Deutschland sehr nahe kommt.

Nützliche Links zur Semana de la Cerveza von Paysandú:

Artikel über die Präsentation der 50. Ausgabe des Bierfestes auf der Internet-Seite der Stadt Paysandú

Offizielle Facebook-Seite des Festes

Programm-Übersicht der Bierfest-Ausgabe von 2015 (Jubiläum: 50. Semana de la Cerveza) auf der Internetseite „Uruguay Internacional“

Unterkunft in Paysandú

Paysandú ist nicht gerade ein Backpacker-Hub Südamerikas. Daher gibt es keine große Auswahl an günstigen Backpacker-Unterkünften wie Hostels. Das Angebot wird eher dominiert von Hotels: http://www.paysandu.com/hoteles/

http://www.hotellaposada.com.uy/index.html

In kleinerem Umfang sind auch Cabañas (Bungalows), Hosterías (einfachere Hotels/Pensionen) vorhanden. Zudem stehen außerhalb der Stadt Paysandú einige Campingplätze, z.B. der Camping Puerto Peñasco, zur Verfügung.

Tipp: Die hilfsbereiten Mitarbeiter der Touristeninformation im Zentrum der Stadt Paysandú helfen gerne bei der Suche nach einer Unterkunft. Uns vermittelte man dort 2011 eine günstige private Unterkunft bei einer älteren Dame.

Anreise nach Paysandú

Paysandú liegt ganz im Westen von Uruguay, direkt an der Grenze zu Argentinien, die Grenzlinie verläuft durch den Fluss Río Uruguay, dessen Promenade das westliche Ende der Stadt Paysandú bildet. Paysandú besitzt einen recht stattlichen Busbahnhof und ist aus allen größeren Städten Uruguays (eventuell mit Umsteigen) per Bus gut zu erreichen.

Fazit Bierfest Paysandú, Uruguay

Das Bierfest in Paysandú ist streng genommen kein südamerikanisches Bierfest, sondern vielmehr ein Volksfest. Das Festgelände direkt am Ufer des Grenzflusses Río Uruguay ist sehr groß und bietet Einiges: Kulinarische Spezialitäten aus Uruguay, Konzerte und Auftritte von Komikern, Verkauf von Kunst-Handwerk, Fahrgeschäfte und natürlich Bier. Biergenießer, welche das Verköstigen von herausragenden Biersorten erwarten, werden bei der Semana de la Cerveza in Paysandú allerdings enttäuscht: Bier ist zwar reichlich und frisch ausgeschenkt erhältlich. Jedoch überwiegend von den großen uruguayischen Brauereien. Für die Bier-Genießer ist beispielsweise das Bierfest in Malloco, Chile, die bessere Wahl.

Wer auf seiner Route der Südamerika-Reise noch Platz findet und genügend Zeit hat, für den ist das Fest in Paysandú eine gute Gelegenheit, ein südamerikanisches Bier- bzw. Volksfest zu erleben. Für Reisende, welche individuell durch Südamerika reisen, kann die Semana de la Cerveza sogar zum echten Highlight Südamerikas werden, da es garantiert „off the beaten track“ stattfindet und daher sehr authentisch ist. Man kann von einem echten Insider-/Geheimtipp von Uruguay und Südamerika sprechen, ein Reisetipp nicht nur für Backpacker.

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